Theaterarbeit über Sprach- und Landesgrenzen hinweg - Teil 1

22. Februar 2018

Konzeptionelles Arbeitstagebuch [Teil 1] – Perspektive: Dramaturgie.
Ein Text von Bernadette Binner

Gefühlte 3.200 Skype-Termine, 100.100.10 Telefonate und mindestens 5.000.000.000 Kurznachrichten später treffen wir uns erstmals seit der Vereinsgründung am 8. August 2017 in Aarau. Diesmal in Köln.

Seitdem ist viel passiert, zu viel um das erste gemeinsame Feierabendbier auszulassen und direkt zum Arbeiten überzugehen. Bis zur Workshop Performance am 26. Mai müssen noch Welten bewegt werden [zumindest fühlt es sich bei der Ankunft mit 5 kg Literatur und Arbeitsmaterial im Gepäck so an], aber für ein gemeinsames Pläuschchen zur Begrüssung nehmen wir uns natürlich die Zeit, für ein realsoziales Update quasi.

Die gemeinsame, mehrsprachige Kommunikation über weite Strecken hinweg bring viel Spass und Energie mit sich, hat aber auch ihre Tücken. Kommunikation und Austausch in gemeinsamen Arbeitsprozessen kann auch am selben Ort an Grenzen führen. Diese scheinen sich zu vergrössern, sobald man sich nicht eben mal schnell auf ein Streitgespräch oder Arbeitstreffen in einem Kaffee zusammensetzen kann. Doch genau diese Momente, diese Leerstellen interessieren uns – auch künstlerisch. So haben wir uns kennengelernt und in und mit diesem Spannungsfeld wollen wir arbeiten, Theater machen.

Was im Frühjahr 2017 als multilingualer Diskussionssprachmix im Rahmen des Forum junger Theaterschaffender des Schweizer Theatertreffens 2017 begann und eine große Inspirationsquelle bot, wollen wir im gemeinsamen künstlerischen Arbeiten fortsetzten.

Also: Café gesucht, Café gefunden – «Oh, gibt es hier WLan?» Leider nein. Also erneut: Café gesucht, Café gefunden, WLan: positiv! Laptops auspacken, Arbeitsbücher aufschlagen und arbeiten. Vorher Café bestellen, Café erhalten, Café trinken. Es ist ein bisschen wie das Kinderspiel «Ich packe meinen Koffer» hier, nur andersherum. Und alles braucht auch sehr viel Zeit, wenn der gemeinsamen direkten Arbeit die Routine fehlt.

À propos, sobald wir künstlerisch in den Groove gekommen sind und die Ideen nach und nach zu sprudeln beginnen, gilt es schon wieder den Tisch zu räumen. Denn auch das gehört zur Arbeitsroutine mit knappen Zeitbeständen – Unterbrechung. Es denkt sich gar nicht so leicht an einem noch zu gestaltenden performativen Format, wenn man Schauspieler*innen nicht regelmässig im Spiel beobachtet, Interessen abfragt, Arbeitsschwerpunkte erkennt.

Also brechen wir auf ins Theater der Keller in Köln. Schauspieler Frank Casali in «Clockwork Orange» gucken. Der Grund für unsere Ortswahl. Von Zürich und Berlin aus liegt Köln als Treffpunkt für das gemeinsame Arbeiten sonst nicht gerade auf der Hand. Gar nicht so leicht, in einen im Gehirn laufenden Arbeitsprozess schnelle ein anderes Stück einzuschieben, Gespräche zu führen und danach loszulassen, um nach einigem Arbeitstalk noch gemeinsam den Abend zu geniessen. Doch irgendwie gehört das ja auch zum Alltag. Theater ist eben nicht lineares Arbeiten von 9 bis 17 Uhr – und das ist ja das Wunderbare daran.